Radicchio, wissenschaftlich als Cichorium intybus var. foliosum bekannt, ist eine besondere Form der Zichorie und gehört zur Familie der Korbblütler. Was viele nicht wissen: Es handelt sich nicht um eine moderne Züchtung, sondern um eine jahrhundertealte Kulturpflanze, die besonders in der norditalienischen Küche einen festen Platz hat. Die charakteristische Bitterkeit, die manche abschreckt und andere begeistert, die knackige Textur und die intensiven Farben machen Radicchio zu einem vielseitigen Gemüse, das sowohl roh als auch gekocht verwendet werden kann.
In den folgenden Abschnitten führe ich Sie durch alles, was Sie über den Anbau, die Pflege und die Verwendung von Radicchio wissen müssen. Von der Sortenauswahl über die richtigen Anbaumethoden bis hin zu Tipps zur Ernte und Lagerung – hier finden Sie praktische Anleitungen, die Ihnen helfen, dieses außergewöhnliche Gemüse erfolgreich in Ihrem eigenen Garten anzubauen. Dazu gibt es traditionelle und moderne Rezeptideen, die Ihnen zeigen, wie vielseitig Radicchio in der Küche eingesetzt werden kann.
Die Geschichte des Radicchio
Die Wurzeln des Radicchio reichen tief in die europäische Kulturgeschichte zurück. Lange bevor er als Delikatesse galt, wurde er als Wildpflanze gesammelt und als Heilmittel verwendet. Die gezielte Kultivierung begann im 15. Jahrhundert in der Region Venetien in Norditalien, wo er bis heute eine wichtige Rolle in der lokalen Küche spielt.
„Radicchio ist nicht nur ein Gemüse, sondern ein kulturelles Erbe, das über Jahrhunderte hinweg bewahrt und verfeinert wurde. In jedem Blatt steckt ein Stück Geschichte der europäischen Gartenbaukunst.“
Die besondere rote Färbung, die wir heute mit Radicchio verbinden, ist übrigens das Ergebnis eines speziellen Verfahrens namens „Imbianchimento“ (Bleichen), das im 19. Jahrhundert entwickelt wurde. Dabei werden die Pflanzen vor der Ernte abgedeckt, um sie vor Licht zu schützen, was die Bildung des roten Farbstoffs Anthocyan fördert und gleichzeitig die Bitterkeit reduziert.
In Deutschland wurde Radicchio erst in den 1980er Jahren populärer, als die mediterrane Küche zunehmend Einzug in deutsche Haushalte hielt. Heute ist er in gut sortierten Supermärkten das ganze Jahr über erhältlich, erfreut sich aber besonders als Herbst- und Wintergemüse großer Beliebtheit.
Botanische Einordnung und Merkmale
Botanisch betrachtet gehört Radicchio zur Art Cichorium intybus, zu der auch die Wurzelzichorie (Chicorée) zählt. Er ist eine zweijährige Pflanze, die im ersten Jahr eine Rosette aus Blättern bildet und im zweiten Jahr blüht. Für den Gemüseanbau wird er jedoch als einjährige Pflanze kultiviert und vor der Blüte geerntet.
Die charakteristischen Merkmale des Radicchio sind:
- Kopfbildende Wuchsform mit fest geschlossenen oder lockeren Köpfen
- Intensive rote bis violette Färbung, oft mit weißen Blattrippen
- Leicht bitterer, würziger Geschmack
- Knackige, saftige Textur
- Winterhärte und Frosttoleranz bei vielen Sorten
Die Pflanzen erreichen je nach Sorte eine Höhe von 15 bis 30 cm und einen Durchmesser von 8 bis 15 cm. Die Blätter sind oval bis länglich und bilden je nach Typ unterschiedlich geformte Köpfe.
Radicchio-Sorten und ihre Eigenschaften

Die Vielfalt der Radicchio-Sorten ist beeindruckend und reicht von kugelrunden, kompakten Köpfen bis hin zu länglichen, lockeren Formen. Jede Sorte hat ihre eigenen Anbauanforderungen und kulinarischen Eigenschaften.
Traditionelle italienische Typen
Die bekanntesten italienischen Radicchio-Typen sind nach ihren Herkunftsregionen benannt und teilweise sogar durch geschützte Herkunftsbezeichnungen (g.U.) geschützt:
Radicchio di Chioggia: Der weltweit am häufigsten angebaute Typ mit runden, festen Köpfen. Er ähnelt einem roten Kopfsalat und hat einen intensiv bitteren Geschmack, der durch Kochen milder wird.
Radicchio di Treviso: Es gibt zwei Varianten dieses länglichen Radicchio:
- Precoce (früh): mit offeneren, weniger bitteren Köpfen
- Tardivo (spät): mit schmalen, fingerartigen Blättern, die durch ein spezielles Bleichverfahren erzeugt werden
Radicchio di Verona: Mit runden bis ovalen Köpfen und einer tief dunkelroten, fast violetten Färbung. Die Blätter sind fester und knackiger als bei anderen Sorten.
Radicchio di Castelfranco: Eine Kreuzung aus Radicchio und Endivie mit lockeren, cremefarben bis hellgrünen Köpfen, die rot gesprenkelt sind. Er hat einen milderen Geschmack als andere Radicchio-Sorten.
Moderne Züchtungen für den Hausgarten
Für den Anbau im Hausgarten eignen sich besonders gut:
🌱 ‚Palla Rossa‘: Eine robuste, leicht anzubauende Sorte mit runden, festen Köpfen, ideal für Einsteiger
🌱 ‚Indigo‘: Kompakte Sorte mit ausgezeichneter Winterhärte
🌱 ‚Rossa di Verona‘: Mittelgroße, ovale Köpfe mit intensiver Färbung
🌱 ‚Leonardo‘: Frühe Sorte mit guter Kopfbildung und milderem Geschmack
🌱 ‚Fiero F1‘: Hybridsorte mit hoher Krankheitsresistenz und zuverlässiger Kopfbildung
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Eigenschaften der gängigsten Radicchio-Sorten für den Hausgarten:
| Sorte | Typ | Reifezeit | Kopfform | Geschmack | Besonderheiten |
|---|---|---|---|---|---|
| Palla Rossa | Chioggia | 80-90 Tage | Rund, fest | Mittelstark bitter | Gute Lagerfähigkeit |
| Indigo | Chioggia | 85-95 Tage | Rund, kompakt | Intensiv, würzig | Sehr winterhart |
| Rossa di Verona | Verona | 90-100 Tage | Oval | Kräftig bitter | Spätfrostverträglich |
| Leonardo | Chioggia | 75-85 Tage | Rund | Mild bitter | Frühe Ernte möglich |
| Fiero F1 | Chioggia | 80-90 Tage | Rund, groß | Ausgewogen | Resistent gegen Mehltau |
| Treviso | Treviso | 100-120 Tage | Länglich | Intensiv bitter | Benötigt Bleichverfahren |
| Castelfranco | Spezial | 90-100 Tage | Locker, offen | Mild, süßlich | Frostempfindlicher |
Standortansprüche und Bodenvorbereitung

Der richtige Standort und eine gute Bodenvorbereitung sind entscheidend für den erfolgreichen Anbau von Radicchio. Mit etwas Sorgfalt schaffen Sie die optimalen Bedingungen für kräftige Pflanzen und gut ausgebildete Köpfe.
Der ideale Standort
Radicchio gedeiht am besten an folgenden Standorten:
- Sonnig bis halbschattig: Volle Sonne wird bevorzugt, leichter Schatten wird aber toleriert
- Windgeschützt: Starke Winde können die Pflanzen austrocknen und beschädigen
- Nicht zu heiß: Bei extremer Hitze neigt Radicchio zum vorzeitigen Schossen
- Frostgeschützt für Frühsorten: Spätsorten vertragen hingegen leichte Fröste gut
In der Fruchtfolge sollte Radicchio nicht nach anderen Korbblütlern wie Endivien, Chicorée oder Salaten angebaut werden. Gute Vorfrüchte sind hingegen Hülsenfrüchte, Kartoffeln oder Gurken.
„Die Qualität des Bodens bestimmt die Qualität des Radicchio. Ein ausgewogener, lebendiger Boden schenkt uns ausgewogene, lebendige Pflanzen mit vollem Geschmack und optimaler Nährstoffdichte.“
Bodenvorbereitung und Nährstoffbedarf
Radicchio stellt folgende Ansprüche an den Boden:
- Bodentyp: Lockerer, humoser, mittelschwerer Boden
- pH-Wert: Leicht sauer bis neutral (pH 6,0-7,0)
- Drainage: Gute Durchlässigkeit, keine Staunässe
Zur Bodenvorbereitung sollte der Gartenboden etwa zwei Wochen vor der Aussaat oder Pflanzung 20-25 cm tief gelockert werden. Dabei kann gut verrotteter Kompost (2-3 Liter pro Quadratmeter) eingearbeitet werden.
Radicchio hat einen mittleren Nährstoffbedarf. Eine übermäßige Stickstoffdüngung sollte vermieden werden, da sie zu lockerem Wachstum und verminderter Kopfbildung führen kann. Besonders wichtig ist eine ausreichende Kaliumversorgung, die die Frosttoleranz und Lagerfähigkeit verbessert.
Empfohlene Nährstoffgaben pro Quadratmeter:
- Stickstoff (N): 8-10 g
- Phosphor (P₂O₅): 6-8 g
- Kalium (K₂O): 12-15 g
Diese Nährstoffmengen können durch organische Dünger wie Kompost, gut verrotteten Mist oder spezielle organische Gemüsedünger zugeführt werden.
Aussaat und Pflanzung
Die richtige Aussaat und Pflanzung bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Radicchio-Kultur. Je nach Sorte und gewünschter Erntezeit gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Aussaatzeiten
Die Aussaatzeiten für Radicchio hängen stark vom gewünschten Erntezeitpunkt ab:
- Frühjahrsaussaat (April-Mai): Für eine Sommerernte, jedoch mit erhöhtem Risiko des vorzeitigen Schossens
- Sommeraussaat (Juni-Juli): Ideal für die Herbsternte, die besten Ergebnisse liefert meist eine Aussaat Mitte Juni
- Spätsommeraussaat (August): Für die Ernte im Spätherbst und Winter
Die folgende Tabelle zeigt die optimalen Aussaat- und Erntezeiten für verschiedene Anbauperioden:
| Anbauperiode | Aussaatzeit | Pflanzzeit | Erntezeit | Besonderheiten |
|---|---|---|---|---|
| Frühanbau | Anfang April | Anfang Mai | Juni-Juli | Höheres Schossrisiko, kühlere Standorte bevorzugen |
| Sommeranbau | Mitte Mai – Mitte Juni | Mitte Juni – Mitte Juli | August-Oktober | Beste Kopfbildung, zuverlässigste Ergebnisse |
| Herbstanbau | Mitte Juli – Anfang August | Mitte August – Anfang September | Oktober-Dezember | Gute Winterhärte erforderlich, längere Standzeit |
| Überwinterung | Anfang August | Anfang September | März-April | Nur mit sehr winterharten Sorten und Schutz möglich |
Direktsaat oder Vorkultur
Radicchio kann sowohl direkt ins Freiland gesät als auch vorkultiviert werden:
Direktsaat ins Freiland:
- Saattiefe: 1-1,5 cm
- Reihenabstand: 30-35 cm
- Abstand in der Reihe: zunächst dicht säen, später auf 25-30 cm vereinzeln
- Keimtemperatur: 10-20°C
- Keimdauer: 7-14 Tage
Vorkultur:
- Aussaat in Anzuchttöpfe oder -platten mit Anzuchterde
- 3-4 Wochen vor dem geplanten Auspflanzen beginnen
- Temperatur: 15-18°C für die Keimung, danach kühler (10-15°C)
- Abhärten: 1 Woche vor dem Auspflanzen abhärten
„Die Geduld bei der Anzucht wird mit vitalen Pflanzen belohnt. Jeder Tag, den ein Sämling in optimalen Bedingungen verbringt, stärkt seine Widerstandskraft gegen spätere Herausforderungen im Freiland.“
Pflanzung und Pflanzabstände
Beim Auspflanzen der vorgezogenen Setzlinge oder beim Vereinzeln der direkt gesäten Pflanzen sollten folgende Abstände eingehalten werden:
- Reihenabstand: 30-40 cm
- Pflanzenabstand in der Reihe: 25-30 cm
- Pflanztiefe: So tief einpflanzen, dass der Wurzelballen vollständig mit Erde bedeckt ist
Chioggia-Typen benötigen in der Regel etwas mehr Platz als Treviso-Typen. Bei sehr kompakten Sorten kann der Abstand auf 25 x 25 cm reduziert werden.
Die beste Pflanzzeit ist der frühe Morgen oder der späte Nachmittag, um die Pflanzen vor Hitze und starker Sonneneinstrahlung zu schützen. Nach dem Pflanzen sollte gründlich gewässert werden.
Pflege und Kultivierung

Die richtige Pflege während der Wachstumsphase ist entscheidend für die Qualität und den Ertrag von Radicchio. Mit einigen gezielten Maßnahmen können Sie die Bildung fester, wohlschmeckender Köpfe fördern.
Bewässerung
Die Wasserversorgung ist ein kritischer Faktor beim Radicchio-Anbau:
- Regelmäßige, gleichmäßige Bewässerung: Besonders wichtig während der Kopfbildungsphase
- Bodenfeuchtigkeit: Konstant feucht, aber nicht nass halten
- Gießmethode: Vorzugsweise bodennah gießen, um Blatterkrankungen zu vermeiden
- Wassermenge: Je nach Witterung und Bodenart 10-20 Liter pro Quadratmeter pro Woche
Trockenperioden können zum vorzeitigen Schossen führen, während übermäßige Nässe Fäulnis begünstigt. Ein Mulch aus Stroh oder Grasschnitt kann helfen, die Bodenfeuchtigkeit zu regulieren.
Düngung während der Wachstumsphase
Nach der Grunddüngung bei der Bodenvorbereitung benötigt Radicchio nur moderate Nährstoffgaben:
- Erste Nachdüngung: Etwa 3-4 Wochen nach der Pflanzung mit einem ausgewogenen organischen Dünger
- Zweite Nachdüngung: Bei längerer Kulturzeit kann nach weiteren 3-4 Wochen eine leichte Kaliumbetonung sinnvoll sein
- Blattdüngung: Bei Mangelerscheinungen kann eine Blattdüngung mit Brennnesseljauche oder speziellen Blattdüngern helfen
Übermäßige Stickstoffdüngung sollte vermieden werden, da sie zu lockerem Wachstum und verminderter Kopfbildung führen kann.
Unkrautkontrolle und Bodenlockerung
Ein unkrautfreier Bestand ist wichtig für die gesunde Entwicklung der Pflanzen:
- Regelmäßiges Hacken: Alle 2-3 Wochen flach hacken, um Unkraut zu entfernen und den Boden zu lockern
- Mulchen: Eine 3-5 cm dicke Mulchschicht unterdrückt Unkraut und hält den Boden feucht
- Vorsicht bei der Bodenbearbeitung: Ab Beginn der Kopfbildung nur noch vorsichtig und oberflächlich hacken, um die Wurzeln nicht zu beschädigen
Bleichen für intensivere Färbung
Die charakteristische rote Färbung und der mildere Geschmack des Radicchio werden durch einen Bleichprozess verstärkt:
- Natürliches Bleichen: Durch die Kopfbildung werden die inneren Blätter automatisch vor Licht geschützt
- Unterstützendes Bleichen: 2-3 Wochen vor der Ernte können die Pflanzen mit lichtundurchlässigem Material (z.B. Tontöpfen, schwarzen Eimern) abgedeckt werden
- Traditionelles Bleichen: Besonders bei Treviso-Typen wird oft ein komplexeres Verfahren angewendet, bei dem die Pflanzen ausgegraben und in Wasserbecken mit fließendem Wasser weiter kultiviert werden
„Das Bleichen ist keine moderne Erfindung, sondern eine jahrhundertealte Kulturtechnik, die das Beste aus dem Radicchio herausholt. Es ist die Kunst, Licht und Dunkelheit zu nutzen, um Farbe und Geschmack zu perfektionieren.“
Schädlinge und Krankheiten
Obwohl Radicchio relativ robust ist, kann er von verschiedenen Schädlingen und Krankheiten befallen werden. Eine frühzeitige Erkennung und geeignete Gegenmaßnahmen sind wichtig für eine erfolgreiche Kultur.
Häufige Schädlinge
Blattläuse
- Symptome: Kräuseln der Blätter, klebrige Honigtauablagerungen
- Bekämpfung: Nützlinge fördern (Marienkäfer, Florfliegen), mit Seifenlauge oder Neemöl behandeln
Schnecken
- Symptome: Fraßspuren an Blättern, Schleimspuren
- Bekämpfung: Schneckenzäune, Bierfallen, Nematoden, absammeln am frühen Morgen oder Abend
Erdflöhe
- Symptome: Kleine Löcher in den Blättern, besonders bei jungen Pflanzen
- Bekämpfung: Feucht halten der Bodenoberfläche, Kulturschutznetze, Pflanzen mit Gesteinsmehl bestäuben
Verbreitete Krankheiten
Falscher Mehltau
- Symptome: Gelbliche Flecken auf der Blattoberseite, grau-violetter Pilzrasen auf der Unterseite
- Vorbeugung: Luftige Pflanzabstände, Vermeidung von Blattnässe, resistente Sorten wählen
- Bekämpfung: Befallene Pflanzenteile entfernen, im biologischen Anbau Behandlung mit Schachtelhalmbrühe
Grauschimmel (Botrytis)
- Symptome: Grau-braune Flecken mit pelzigem Belag, besonders bei feuchter Witterung
- Vorbeugung: Gute Luftzirkulation, Vermeidung von Verletzungen
- Bekämpfung: Befallene Pflanzen entfernen, bei starkem Befall Fungizide auf Kupferbasis
Sklerotinia-Fäule
- Symptome: Weichfäule am Stängelgrund, weißes Myzel mit schwarzen Sklerotien
- Vorbeugung: Weite Fruchtfolge, gute Drainage, mäßige Stickstoffdüngung
- Bekämpfung: Befallene Pflanzen samt Wurzeln entfernen und nicht kompostieren
Physiologische Störungen
Schossen
- Symptome: Vorzeitige Bildung eines Blütenstängels
- Ursachen: Temperaturschwankungen, Trockenperioden, zu frühe Aussaat
- Vorbeugung: Optimale Aussaatzeiten einhalten, gleichmäßige Wasserversorgung
Innenfäule
- Symptome: Fäulnis im Kopfinneren
- Ursachen: Übermäßige Feuchtigkeit, zu dichte Pflanzung
- Vorbeugung: Luftige Pflanzabstände, bodennah gießen
„Gesunde Pflanzen beginnen mit gesundem Boden. Ein lebendiger, biologisch aktiver Boden ist die beste Versicherung gegen Krankheiten und Schädlinge.“
Ernte und Lagerung

Der richtige Erntezeitpunkt und die sachgemäße Lagerung sind entscheidend, um die Qualität des Radicchio zu erhalten und seine Haltbarkeit zu maximieren.
Erntezeitpunkt und -technik
Der optimale Erntezeitpunkt hängt von der Sorte und den Wachstumsbedingungen ab, folgende Anzeichen deuten jedoch auf Erntereife hin:
- Kopfbildung: Feste, gut ausgebildete Köpfe
- Größe: Sortentypische Größe erreicht (je nach Sorte 8-15 cm Durchmesser)
- Färbung: Intensive Rotfärbung der äußeren Blätter
Für die Ernte eignen sich folgende Methoden:
- Ganze Pflanze: Mit einem scharfen Messer die gesamte Pflanze knapp über dem Boden abschneiden
- Selektive Ernte: Bei Treviso-Typen können die äußeren Blätter nach und nach geerntet werden
- Erntezeitpunkt: Am besten am frühen Morgen ernten, wenn die Pflanzen prall und frisch sind
Besonders bei Herbst- und Wintersorten kann ein leichter Frost vor der Ernte die Zuckerbildung fördern und die Bitterkeit reduzieren. Die meisten Sorten vertragen Temperaturen bis -5°C.
Nachbehandlung und Lagerung
Nach der Ernte sollte Radicchio wie folgt behandelt werden:
- Reinigung: Beschädigte oder welke äußere Blätter entfernen
- Trocknung: Oberflächlich abtrocknen lassen, aber nicht austrocknen
- Kühlung: Schnell auf Lagertemperatur herunterkühlen
Für die Lagerung gelten folgende Bedingungen:
- Temperatur: 0-2°C
- Luftfeuchtigkeit: 90-95%
- Lagerung mit anderen Gemüsen: Verträgt sich gut mit anderen Gemüsearten
- Haltbarkeit: Je nach Sorte und Lagerbedingungen 2-8 Wochen
Für die Lagerung im Hausgarten eignen sich folgende Methoden:
- Kühlschrank: In einem perforierten Plastikbeutel im Gemüsefach
- Keller: In Kisten mit feuchtem Sand eingeschlagen
- Erdmiete: Bei größeren Mengen in einer Erdmiete im Garten
- Freiland: Robuste Sorten können bei mildem Winterwetter auch im Beet belassen und nach Bedarf geerntet werden
Samenernte für Selbstversorger
Wer eigenes Saatgut gewinnen möchte, sollte Folgendes beachten:
- Sortenreinheit: Mindestabstand von 500 m zu anderen blühenden Cichorium-Arten einhalten
- Samenträger: Nur gesunde, sortenreine Pflanzen mit typischen Eigenschaften auswählen
- Überwinterung: Die ausgewählten Pflanzen können im Boden bleiben (mit Schutz) oder ausgegraben und frostfrei überwintert werden
- Samenernte: Im zweiten Jahr nach der Blüte die trockenen Samenstände ernten
- Samenaufbereitung: Trocknen, dreschen und reinigen
- Haltbarkeit: Bei kühler, trockener Lagerung 3-4 Jahre keimfähig
„Die Samenernte schließt den Kreislauf des Gärtnerns und verbindet uns mit unseren Vorfahren, die seit Generationen Saatgut bewahren. Jedes selbst gewonnene Samenkorn trägt die Geschichte seines Gartens in sich.“
Verwendung in der Küche

Radicchio ist ein vielseitiges Gemüse, das sowohl roh als auch gekocht in zahlreichen Gerichten Verwendung findet. Seine charakteristische Bitterkeit und die knackige Textur machen ihn zu einer interessanten Zutat in der kreativen Küche.
Radicchio roh genießen
Im rohen Zustand entfaltet Radicchio sein volles Aroma und seine knackige Textur:
- Salate: Gemischt mit milderen Blattsalaten oder als Hauptbestandteil mit süßlichen Zutaten wie Birnen, Äpfeln oder Orangen
- Dressings: Harmoniert mit süßlich-balsamischen Dressings, Honig-Senf-Vinaigrettes oder cremigen Joghurt-Dressings
- Begleiter: Gut kombinierbar mit Nüssen, Käse (besonders Blauschimmel oder Parmesan), getrockneten Früchten
Ein klassischer italienischer Salat besteht aus dünn geschnittenem Radicchio di Treviso, Parmesanspänen, gerösteten Pinienkernen und einem Dressing aus Balsamico-Essig und hochwertigem Olivenöl.
Radicchio gekocht und gebraten
Durch Hitzeeinwirkung verliert Radicchio einen Teil seiner Bitterkeit und entwickelt süßliche, nussige Aromen:
- Gegrillt: Geviertelte Köpfe mit Olivenöl bestreichen und kurz grillen
- Gebraten: In Streifen geschnitten als Zutat für Pasta, Risotto oder Quiche
- Geschmort: Halbierte oder geviertelte Köpfe in Brühe oder Wein schmoren
- Überbacken: Mit Käse überbacken als Beilage oder vegetarisches Hauptgericht
Ein traditionelles Gericht ist „Risotto al Radicchio“, bei dem fein geschnittener Radicchio in Butter angeschwitzt und dann mit dem Risotto gegart wird. Ein Schuss Rotwein und etwas Mascarpone runden das Gericht ab.
Radicchio konservieren
Für die Vorratshaltung gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Einfrieren: Blanchiert in Portionen einfrieren für Suppen und Eintöpfe
- Einlegen: In Öl oder Essig eingelegt als Antipasto
- Fermentieren: Milchsauer fermentiert für eine probiotische Variante
„Die Bitterkeit des Radicchio ist kein Makel, sondern ein wertvolles Geschmackserlebnis, das unseren Gaumen herausfordert und bereichert. In einer Welt voller Süße bringt Bitteres Balance und kulinarische Tiefe.“
Radicchio im Jahreslauf: Saisonkalender und Anbautipps
Ein durchdachter Anbauplan ermöglicht es, fast das ganze Jahr über frischen Radicchio zu ernten. Mit der richtigen Sortenwahl und gestaffelten Aussaaten kann die Erntezeit deutlich verlängert werden.
Frühjahrsanbau (März-Mai)
Der Frühjahrsanbau ist anspruchsvoller, bietet aber die Möglichkeit, bereits im Frühsommer eigenen Radicchio zu ernten:
- Aussaat: Ab Mitte März unter Glas, ab April im Freiland
- Geeignete Sorten: Frühe Chioggia-Typen wie ‚Leonardo‘ oder ‚Indigo‘
- Besonderheiten: Schutz vor Spätfrösten, gleichmäßige Bewässerung gegen Schossneigung
- Ernte: Juni bis Juli
Tipp für den Frühjahrsanbau: Wählen Sie einen kühleren, halbschattigen Standort und decken Sie die Pflanzen bei Bedarf mit Vlies ab, um zu hohe Temperaturen zu vermeiden.
Sommeranbau (Juni-Juli)
Der Sommeranbau liefert die zuverlässigsten Ergebnisse und ist besonders für Einsteiger zu empfehlen:
- Aussaat: Mitte Mai bis Mitte Juli
- Geeignete Sorten: Alle Typen, besonders gut ‚Palla Rossa‘ und ‚Rossa di Verona‘
- Besonderheiten: Regelmäßige Bewässerung in Trockenperioden
- Ernte: August bis Oktober
Tipp für den Sommeranbau: Eine Mulchschicht aus Stroh oder Rasenschnitt hält den Boden kühl und feucht und reduziert das Unkrautwachstum.
Herbst- und Winteranbau (August-September)
Der Herbstanbau liefert Radicchio für die kalte Jahreszeit und nutzt die natürliche Kältetoleranz vieler Sorten:
- Aussaat: Anfang August bis Anfang September
- Geeignete Sorten: Winterharte Typen wie ‚Treviso‘, ‚Verona‘ und robuste Chioggia-Sorten
- Besonderheiten: Längere Kulturzeit, Schutz vor starkem Frost
- Ernte: Oktober bis Dezember, bei mildem Winter bis März
Tipp für den Herbstanbau: Bei Frostprognosen können die Pflanzen mit Vlies oder Reisig geschützt werden. Leichte Fröste bis -5°C verbessern oft den Geschmack und die Färbung.
„Der Rhythmus der Jahreszeiten spiegelt sich im Wachstum des Radicchio wider. Jede Saison bringt ihre eigenen Herausforderungen und Belohnungen – wer mit der Natur arbeitet statt gegen sie, wird mit den besten Ergebnissen belohnt.“
Radicchio in der biologischen Gartenpraxis

Radicchio eignet sich hervorragend für den biologischen Anbau und lässt sich gut in nachhaltige Gartensysteme integrieren. Mit einigen Grundprinzipien können Sie Radicchio umweltschonend und naturgemäß kultivieren.
Mischkultur und Fruchtfolge
Radicchio profitiert von durchdachten Mischkultur-Kombinationen:
- Gute Nachbarn: Möhren, Zwiebeln, Lauch, Kohlrabi, Buschbohnen
- Ungünstige Nachbarn: Andere Salate, Endivien, Chicorée (gleiche Familie)
- Schutzpflanzen: Kapuzinerkresse und Ringelblumen können Schädlinge abhalten
In der Fruchtfolge sollte Radicchio an folgender Stelle stehen:
- Nach: Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Gurken, Tomaten
- Vor: Starkzehrern wie Kohl oder Kürbisgewächsen
- Anbaupause: Mindestens 3-4 Jahre, bevor wieder Korbblütler auf derselben Fläche angebaut werden
Biologischer Pflanzenschutz
Natürliche Methoden zum Schutz vor Schädlingen und Krankheiten:
- Nützlingsförderung: Blühstreifen anlegen für Marienkäfer, Schwebfliegen und Schlupfwespen
- Pflanzenstärkung: Regelmäßige Anwendung von Brennnessel- oder Ackerschachtelhalmjauche
- Physikalischer Schutz: Kulturschutznetze gegen Erdflöhe und andere Insekten
- Biodiversität: Vielfältige Bepflanzung im Garten fördert natürliche Gleichgewichte
Nachhaltige Bewässerung und Düngung
Ressourcenschonende Methoden für gesundes Wachstum:
- Wassersparende Bewässerung: Tröpfchenbewässerung oder gezieltes Gießen am Wurzelbereich
- Regenwassernutzung: Ideales Gießwasser ohne Kalk
- Organische Düngung: Kompost, Mulch aus Grasschnitt, verdünnter Brennnesselsud
- Gründüngung: Vor dem Radicchio-Anbau Gründüngungspflanzen wie Phacelia oder Lupinen anbauen
„Biologischer Anbau bedeutet, den Garten als Ökosystem zu verstehen. Jede Maßnahme sollte nicht nur der einzelnen Pflanze dienen, sondern das Gesamtsystem stärken und bereichern.“
Radicchio für spezielle Anbausituationen
Radicchio lässt sich flexibel an verschiedene Gartensituationen anpassen und kann auch unter besonderen Bedingungen erfolgreich kultiviert werden.
Radicchio im Topf und auf dem Balkon
Auch ohne Garten ist der Anbau von Radicchio möglich:
- Gefäßgröße: Mindestens 20-25 cm Durchmesser und 25 cm Tiefe
- Substrat: Hochwertige Bio-Gemüseerde, gemischt mit Kompost und etwas Sand
- Geeignete Sorten: Kompakte Sorten wie ‚Palla Rossa‘ oder ‚Indigo‘
- Standort: Sonniger bis halbschattiger Platz auf Balkon oder Terrasse
- Besonderheiten: Häufigeres Gießen nötig, vor starker Sommerhitze schützen
Radicchio im Gewächshaus und Frühbeet
Für eine verlängerte Saison oder in kühleren Regionen:
- Vorteile: Frühere und spätere Ernten möglich, Schutz vor extremer Witterung
- Aussaat: 2-3 Wochen früher möglich als im Freiland
- Lüftung: Regelmäßiges Lüften wichtig, um Pilzkrankheiten vorzubeugen
- Winteranbau: Im unbeheizten Gewächshaus mit zusätzlichem Vliesschutz möglich
Radicchio in verschiedenen Klimazonen
Anpassung an unterschiedliche klimatische Bedingungen:
In kühlen, nördlichen Regionen:
- Frühere Aussaat für Herbsternte empfehlenswert
- Winterschutz durch Vlies oder Reisig
- Fokus auf frühe und mittelfrühe Sorten
In warmen, südlichen Regionen:
- Anbau als Wintergemüse von September bis April
- Halbschattige Standorte für Frühjahrs- und Sommeranbau
- Häufigere Bewässerung nötig
Traditionelle und moderne Anbaumethoden

Die Kultur von Radicchio verbindet jahrhundertealte Traditionen mit modernen Anbautechniken. Beide Ansätze haben ihre Vorteile und können je nach Situation kombiniert werden.
Traditionelle italienische Anbaumethoden
In den traditionellen Anbaugebieten Italiens werden spezielle Techniken angewendet:
Imbianchimento (Bleichen):
Bei Radicchio di Treviso Tardivo werden die Pflanzen im Herbst ausgegraben und in Wasserbecken mit fließendem Wasser gestellt. In der Dunkelheit bilden sich neue, zarte, weiß-rote Blätter.
Forzatura (Forcieren):
Ähnlich wie beim Chicorée werden ausgegrabene Wurzeln in dunklen Räumen zum Austreiben gebracht.
Legatura (Binden):
Bei einigen Sorten werden die äußeren Blätter zusammengebunden, um das Innere zu bleichen.
Moderne Anbautechniken
Zeitgemäße Methoden für den Hausgarten:
Mulchfolien:
Schwarze oder farbige Mulchfolien erwärmen den Boden, unterdrücken Unkraut und halten Feuchtigkeit.
Vliestunnel:
Leichte Vliesstoffe schützen vor Frost und Schädlingen und schaffen ein günstigeres Mikroklima.
Tröpfchenbewässerung:
Wassersparende, gezielte Bewässerung direkt an der Wurzelzone.
„Die Kombination aus traditionellem Wissen und modernen Erkenntnissen eröffnet neue Möglichkeiten. Wer beide Welten respektiert, kann das Beste aus ihnen in seinen Garten integrieren.“
Häufige Fragen zum Radicchio-Anbau
Warum schießt mein Radicchio vorzeitig und bildet keine Köpfe?
Vorzeitiges Schossen wird meist durch Temperaturstress ausgelöst. Zu frühe Aussaat im Frühjahr, längere Hitzeperioden oder starke Temperaturschwankungen können die Blütenbildung anregen. Achten Sie auf die empfohlenen Aussaatzeiten (optimal ist die Sommeraussaat für Herbsternte), sorgen Sie für gleichmäßige Bewässerung und wählen Sie bei Frühjahrsaussaat schossresistente Sorten. In heißen Perioden kann eine leichte Beschattung helfen.
Wie kann ich die Bitterkeit des Radicchio reduzieren?
Die charakteristische Bitterkeit kann durch verschiedene Maßnahmen gemildert werden. Beim Anbau hilft ein Bleichverfahren: Decken Sie die Köpfe 2-3 Wochen vor der Ernte mit lichtundurchlässigem Material ab. Nach der Ernte können Sie die Blätter vor der Verwendung 30 Minuten in kaltem Wasser wässern. Beim Kochen verliert Radicchio einen Teil seiner Bitterstoffe. Kulinarisch lässt sich die Bitterkeit durch Kombination mit süßlichen Zutaten (Balsamico, Honig, süße Früchte) oder cremigen Komponenten (Käse, Sahne) ausbalancieren.
Welche Radicchio-Sorte eignet sich am besten für Anfänger?
Für Einsteiger empfehle ich ‚Palla Rossa‘ oder andere Chioggia-Typen. Diese runden Radicchio-Sorten sind relativ unkompliziert im Anbau, bilden zuverlässig Köpfe und sind weniger anfällig für Schosser als andere Typen. Ideal ist eine Aussaat im Juni für eine Herbsternte. Diese Sorten sind auch robuster gegenüber Witterungseinflüssen und Krankheiten. Der Chioggia-Typ ist zudem vielseitig in der Küche verwendbar und hat eine gute Lagerfähigkeit.
Kann ich Radicchio überwintern und im nächsten Jahr wieder ernten?
Radicchio ist eigentlich zweijährig, wird aber meist einjährig kultiviert. Eine Überwinterung ist mit winterharten Sorten in milden Regionen möglich. Schützen Sie die Pflanzen mit Vlies oder Reisig vor starkem Frost. Im Frühjahr treiben sie wieder aus, neigen dann aber zum Schossen. Sie können die jungen Blätter noch ernten, bevor die Blütenbildung einsetzt. Für die Samenernte ist die Überwinterung notwendig – wählen Sie hierfür die schönsten Exemplare aus und lassen Sie diese im zweiten Jahr blühen.
Wie erkenne ich den optimalen Erntezeitpunkt bei Radicchio?
Der ideale Erntezeitpunkt ist erreicht, wenn die Köpfe fest und vollständig ausgebildet sind. Bei Chioggia-Typen sollten die Köpfe fest und kompakt sein, bei Treviso-Typen sollten die Blätter aufrecht stehen und eng aneinander liegen. Die charakteristische Rotfärbung sollte gut entwickelt sein. Bei Herbst- und Wintersorten verbessert ein leichter Frost (-2 bis -5°C) oft Farbe und Geschmack. Ernten Sie am besten am frühen Morgen, wenn die Pflanzen prall und frisch sind. Schneiden Sie den Kopf mit einem scharfen Messer knapp über dem Boden ab.
